Charakterologie

Syitem des Durchgangs der Erlebnijje durch die Seele 181

Einen andern wichtigen Begriff nod) leitet Kretichmer aus diejen Betrad= tungen ab: die Willenstraft. Ein Sthenifer ijt dann willensfräftig, wenn er retentionsfähig ilt. Die Willenshandlung unterjcheidet fich nad) Kretjchmer jehr Kar von den Affetthandlungen daducdh, daß fie durch intrapjychiiche Be= rührung mit früheren Erlebniswirfungen den Stempel des Zwedmäßigen erhält — den Charakter des „Plans“.

Ewald!) hat aus diefer Charafterlehre das Reaftionsihema in Geitalt einer Sormel herausgelöft:

Inihr bedeutet das obereE Einörudsfähigteit für höhere, das untere jolde für niedere Erlebnijje; ebenjo teilt jih R (Retentionsfähigteit) in folche für höhere und für niedere Erlebnilje ein; i. A. bedeutet intrapjychiiche Aftivität, L Zeitungsfähigteit.

Zur jchnellen Derjtändigung über Piychopathen und auffallende Charaftere fann man nun Zahlen einjegen. Ewald nimmt 3. B. 10 als normale Stärke jeder diejer Sähigfeiten an und jest dann je nach Proportionalität zu den andern Sähigfeiten andere Zahlen ein. Die Zahlen bedeuten mithin nicht abjolute Quanten, jondern jollen nur die Proportion der Sähigteiten zueinander andeuten. So unzulänglich jelbjtveritändlich alle jolhe Schemata bleiben müjjen (Ewald jelbjt unterjtreicht ihren engeren Zwed und möchte lie durchaus nicht als erihöpfende „Charafterformel” aufgefakt wiljen), jo lehrreic) ijt es doch, verjchiedene Charaktere unter diejem Gefichtspunft zu betrahten. Am flarjten aber wird die Brauchbarfeit diejer Einteilung, wenn man umgefehrt die Zahlen ändert, und fich danach das Bild des Chatafters überlegt.

Einige Beifpiele: IftL fehr [hwad, jo jheidet der „tathafte“ Charakter jchyon aus, bei dem ja die gute Ableitfähigfeit aller Erlebnijfe in die Handlung die Grundbedingung ift. Jenahdem nun, wie hody man im Derhältnis zueinander die übrigen Säbigfeiten anjeßt, fommen etwa folgende Typen heraus: geringe Einörudsfähigteit für höhere Erlebnifje, jtarfe für niedere bei ftarfer Retention (gleichfalls für niedere) und geringer Ableitung, au) geringer intrapfychiicher Aktivität (der Betreffende „gejtaltet” das Erlebnis wenig, verarbeitet es nur jehr Ihwad) zu frucdhtbarer Gefamtbildung des Charakters) — und wir haben den dumpfen, in Crieberlebnifjen fejtgehaltenen Charatter, der aber bei mangelnder Abfuhr alles in fich aufftauen muß, alfo einen der ungefundeften Typen. Geben

1) Temperament und Charatter. Berlin 1924.