Charakterologie

Würdigung und Kritif 201

mütigen und Boshaften“ näher zum Typ des Boshaften liegt. Und wenn wir, wie es jehr oft der Sall it, mit einer Eigenjchaft das Wejentliche eines Menjchen überhaupt nur jehr unzureichend treffen, dann fönnen wir jedesmal auch mit ihrem fonträten Gegenteil wenig anfangen, der betreffende Charakter wird dann von diejer Typendimenjion nicht in feinem Wejentlihen getroffen — ein Sall, der befanntlicy den Schmerz aller Typologen bildet, weil jie wünjchen, ihrer Typologie eine unbegrenzte Umfajjungsweite zujprechen zu fönnen. Und Klages jtellt nun in feiner Charafterologie die verjchiedeniten Typologien, die die Sprache aufbewahrt hat, zufammen. Teils find es allgemeinere, teils jpeziellere. Die allgemeineren jind wie bei allen Typologien entiprechend formaler und leerer, die jpeziellen find fonfreter, dafür um jo enger. In diefer Zufammenitellung it gewiß etwas Wertvolles zu jehen, aber es ijt fein Syjtem des „Charafteraufbaus“, es beichreibt feine Grund- und Einzelfräfte im Charakter, jondern liefert ein Syjtem, jeden individuellen Charakter als ganzen mit den widhtigjten Typen der Alltagscharafterologie zu vergleichen und danadı oft recht genau und immer jehr lebendig zu bejchreiben. Sehlerhaft wird es aber, wenn Klages dies Syjitem von Typendimenjionen umdeutet in ein Aufbaujyjtern tatjächlicher Charakterfräfte (oder „Komponenten“ oder wie man es nennen will, der Name tut nichts zur Sache). Klages hält wenig von Typologien. Er jagt in feiner geringjhäßigen Art über die Typenjyjtere unjerer Tage: „— von denen uns befanntlic) jede Woche des Jahres eine neue bejchert“ (S. 43 „Lejebuh”1)). Nun, Klages jelbjt bejchert uns auf einen Schlag einen ganzen Katalog von Typendimenjionen. Nur möchten wir im Gegenjaß. zu feiner Wertung des Typenbegtiffs darin etwas in jeiner Art Wertvolles erbliden.

Klages jelbjt hat jich in einem Gedanfengang jo nahe an die Erfenntnis diejes Irrtums herangeführt, daß man ji wundert, daß er nicht, einen Schritt weitergehend, felbit jeine Methode durhichaut. Wir meinen jeine Unterjheidung von „echten“ und „unechten” Eigenjhaften (am beiten sulammengefaßt im Kapitel4 des „Lejebudys”: „Don Eigenjchaften, die feine find“). .

Er nennt als Kriterium der Unechtheit einer Eigenjchaft, daß jie charafterli auf jehr verjhiedenen andern ruhen fönne. Dadurd) zeige fich, dak fie nur in bejtimmter Hinfiht (etwa nur in der äußerlichen Schicht des Be-

1) „£ejebuh" — Abfürzung von „Graphologijches Lejebudy”, ebenjo „Grund= lagen“ — Abfürzung von „Grundlagen der Eharakterfunde”. (Siehe Literatur am Ende diejes Kapitels, S. 210.)