Charakterologie

214 Die pjychoanalytiiche Charatterlehre .

weitgehend eine medaniltiiche Taujale Dentweije auch noch auf das Seelijhe „paßt“. Es ift Steud gelungen, bei vielen pjyhilchen Erkrankungen einen richtigen „Mecdanismus” aufzuzeigen.!)

So jtehen wir vor der jhweren Aufgabe, die Tendenz, das Seelijche „von unten her” zu werten, von einem „objeftiven“ Kern zu löjen, der ic) tieferem Einblid feineswegs als notwendig mit ihr verbunden zeigt. — Wir verjuchen alfo zunädjt, die Grundgedanfen wiederzugeben, wie jie jich unter Ausjchluß der Tendenz, in deren Rahmen fie jtehen, darjtellen würden. Dann joll getrennt dieje Tendenz jelbjt betrachtet und danady zum Ganzen Stellung genommen werden.

a) Die hbauptjädlidhiten Thejen.

1. Die Pjychoanalyje hat das Ziel, die verjchieden „hohen“ und „niederen Strebungen des Individuums auf eine Grundpolarität von Trieben zurüdzuführen (Icherhaltungs- und Gattungserhaltungstrieb — „Bunger und Siebe“), die in der Natur des Lebendigen überhaupt liegen. Daraus ergibt fi) der genetijhe Charakter der Piychoanalyje, ihre biologijche Tendenz und das Ziel der Rüdführung des Kompleren und Differenten auf einfadyere Grundftruftur.

2. Die Pfychoanalyje Iehrt die überragende Wichtigkeit der erjten Bahnungen und Bindungen für alle jpäteren „Triebjihidjale" (Rolle der frühen Kindheit).

3. Die Pjychoanalyje nimmt das Ich und feine Meinung von jich jelbit nicht als feit an. Das Ich formiert ji nad) ihr vielmehr immer neu in dauernder Spannung zu Strebungen, die an jid) betrachtet noch nicht ichhaft find. Sie unterjtreicht die Bedeutung der überperjönlichen Naturmädhte im Ich, zu denen fich das bewußte Ich immer neu „itellen“ muß. Dieje „Stellung“ des bewußten Ih zum Unbewußten läßt ji‘) wie

1) Steuds Gebiet ijt in erjter Linie immer die erfranfte Seele. Der Nadıweis der Mechanismen in ihr braucht noch nicht zu bejagen, dab aud) die gejunde Seele ebenjo mechanijtijh aufgebaut ijt. — Auf dieje wichtige Stage fönnen wir hier leider nicht näher eingehen. Es möge aber als Anregung die Stage aufge= worfen werden, ob nicht überhaupt in diefem Medhaniftijhwerden ein objeitives MerfmaldesKrantjeins gefunden werden fann. Jedenfalls wird eine Seele in dem gleihen Maße, wie fie frant wird, aud) in ihren inneren Sunftionszujam= menhängen „vorausjagbar“. Sie wird zunehmend in gejchlojjenen Syjtemen verjtehbar, während die grumdfähliche Unvorausjagbarkeit, die Offenheit bei aller inneren Richtungsbejtimmtbeit wohl einwandfrei ein Merkmal des gejunden und lebensjtarfen Charatters ilt.