Charakterologie

216 Die pfychoanalytijche Charatterlehre

4. Die Piychoanalyje lehrt den grundfäglichen (nicht den praftilch jeder= zeit möglihen) Zugang zum Unbewußten, indem fie eine beitimmte Sym= bolit aufitellt, in welcher das Unbewußte fich dem diefe Symbolif ver= itehenden Blid des Sorjchers zeige. Diefe Symbolit macht 3. B. die Träume und die Handlungen der Meurotifer jinnvoll. Es find nah Lehre der Piyoanalyje Derfleidungen des Unbewußten — Bilderjchriften, die entziffert werden Tönnen (Steuds Traumlehre bildet ein ausgedehntes Kernjtüd der ganzen Pfychoanalyje).

5. Die intellettuelle Einjiht in diefe Derlagerungen, Umdeutungen und qualitativen Derwandlungen der Triebtendenzen jhafft nod) feine Aufhebung der öynamijchen Wirfjamfeit des Unbewußten, bleibt vielmehr wirfungslojes äußeres Wiffen. Aufgehoben werden fan der Mecdanis= mus der Widerjtände des Bewußtjeins gegen das Unbewußte (und damit die Kraft verbrauchende Spannung diejer Gegeneinanderitellung) nur duch Öynamijcye Mittel — durch Affefterregung und Erjhütterung. (Ein tecnijches Mittel dazu ijt die Erregung von Widerjtand gegen den Arzt oder die Auslöjung der jogenannten „Übertragung“ auf den Arzt: Die Bindungen von den infantilen oder jonitigen Objekten heben ih ab und übertragen fi) auf den Arzt, der dann die Stelle des ehemaligen Daters oder anderer wichtiger Perjonen, an welche Bindungen vorliegen, übernimmt.) Die Kraft zur Löjung der Spannungen fann aljo weder dur; den Intelleft allein geleitet, nod} fan fie vom Arzte dem Patienten gejhentt werden. Sie muß aus dem Patienten felbjt erregt werden.

6. Als Grundtriebe, auf denen fich alles Übrige aufbaut, Iehrt die Piychoanalyje die Ich-Triebe und die Du-Triebe (Hunger und Liebe). Reinite Ausprägung des Dutriebes ift der Serus, doch wird es bei Steud nie Kar, wieweit die Reichweite des Seruellen geht. Bald jtehen die Icherhaltungstriebe ihm entgegen — Steud betont immer wieder den Oualitiihen Charakter jeiner Lehre —, bald aber haben auch die Ichtriebe deutlich jeruelle Särbung. Auf diefe Begriffsverjchiebungen fommen wir noch zu Iprechen.

7. Der Generalnenner für die Triebarten ijt die fogenannte „Libido“. Müt ihr ijt bei Sreud nur das „X“ gemeint, das an jich ohne Qualität it), die ihm vielmehr erit zufommt, wenn es eine bejtimmte Sorm angenommen hat. So aufgefakt ijt Libido aljo durchaus nicht mit Serus gleichzufeßen,

1) Diefer rein naturwiljenfchaftliche Begriffscharatter der Libido wird von einem der tüchtigjten Theoretifer der Analyfe, 5. Hartmann, mit aller Deutlicyfeit unterjtrihen. Libido fei jtreng qualitätslos aufzufalien — eine Seftitellung, die aber wichtige Solgen für den ganzen Begtiffsapparat der Analyfe hat.