Der Künstler zwischen Westen und Osten
Entelechie des Menschen 7)
welt erfassen, wenn der Gedanke in uns sich durch das „Außeruns“ anregen läßt, schöpferisch zu werden und sich'in Leben zu verwandeln.
Ich möchte an einem Beispiele, das ich dem Skizzenbuche eines Dichters entnehme, einleuchtend machen, wie ein Gedanke in einem Menschen lebendig vorhanden sein kann: „Wenn ich in der Betrachtung einer Frühlingswiese verweile, werde ich von einem Gefühle durchrieselt, das mein Inneres erneuert. Ich erkenne, daß ich durch solche Festigung und Gesundung meiner Seele kein anderes Wesen beeinträchtige. Ich wachse, ohne andern Menschen Raum zu nehmen. Hier hört demnach der Kampf ums Dasein auf. In dieser Liebe schädigt man niemand. Hier gibt es keine Eifersucht und keine Selbstvorwürfe wıe in andern Liebesarten. Es ist so, daß dieses Gefühl, das ich vom Pflanzentum empfange, strahlenartig von mir, als von einem Spiegel, wiederum ausgeht, daß es andere Menschen beglückt, versöhnt und erleuchtet, daß es, um seine ganz umfassende Wirkung zu sagen, tut, was die Sonne tut. Man genest nicht nur von jeder Wunde, sondern heilt nun als Genesener. In der eigenen Genesung ist die der ganzen Welt gelegen. Die Pflanzen sprechen die Worte der Sonne: Licht, Versöhnung, Christus aus...“
Diese Erkenntnis ist sicherlich für den, der sie niederschrieb, unumstößlich. Sie lebt in ihm. Jedoch für andere bleibt sie Schwärmerei. Kant würde sie nicht als Einsicht in das Übersinnliche, sondern höchstens als moralische Wahrheit gelten lassen.