Der Künstler zwischen Westen und Osten

Der Weg des Dichters 297

die Himmelreiche verlangen, Bußübungen und Beichten, verzehren den Dichter, Natura wird von Professoren und Priestern recht stiefmütterlich behandelt.

Stiefmütterchen heißt ın der Schweiz Pensee.

Erlauschen wir, was Natura sagt, wenn ein winziges Samenkorn ın die Mutter Erde versenkt wird. — Siehe: Es treibt Würzelchen nach unten und Keime nach oben. Es breitet die Blätter aus und schießt den Stengel empor. Es entfaltet die Blüte zum zarten Blumengesicht und härtet die Früchte zur trockenen Kapsel. Dann rollt es den Samen hervor.

Das sind Taten, die erfolgen, wenn Natura redet. Ihr Wort geht durch Samen, Keim, Blatt, Kelch und Blüte in immerwährender Wandlung, ewig von der gleichen Kraft getragen, als unsterbliches Prinzipium.

Versenken wir uns, um dem Wesen der Urpflanze auf die Spur zu kommen, in die Würzelchen, die in das Erdreich dringen. Wir gelangen in ein finsterniserfülltes Netzwerk. Die Fasern erbleichen. Hier waltet die Kraft, die im Sprossen und Sprießen lebt, nicht als Licht der Sonne, sondern als Schein des Mondes. Wird es uns, wenn wir die unterirdischen Wurzeln erfühlen, nicht so zumute, wie wenn wir zur Sichelschale Lunas emporschauen, mütterlich-geborgen?

Im Stengel aber, der sich verfestigt, an dem sich die Blätter spiralförmig emporwinden, wirkt Merkur. Hier hat er den Merkurstab vorgebildet. Hermes führt uns empor in den höheren Himmel, bis zu der Venus, die uns aus der Blüte lieblich entgegenleuchtet. Vielfältig scheint ihr Angesicht. Feurig-rot wie die Rose. Dunkel-

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