Der Künstler zwischen Westen und Osten

2.60 Der Weg des Dichters

auf. Blumen öffnen sich und schauen ihn mit Strahlenaugen an, bis er das Bewußtsein vor Seligkeit verliert.

Wenn er in der Frühe die Lider aufschlägt, ist ihm, als welke die Leuchtewelt wieder ab. Die Traumblüten entblättern sich. Aber der Schlaf hat eine Frucht ın ihm gezeitigt. Er weiß, die Nacht hat ihn weiser gemacht. Der Morgen brachte ihm den Geistesherbst.

Der innere Mensch blüht beim Einschlafen auf und welkt beim Aufwachen ab. Er ist ein Wesen, das jede Nacht in das Weltall hineinwächst. Von der Geistessonne wird er von Wandelstern zu Wandelstern geführt. Die Blüten, die in ihm aufleuchten, sind die Götter der Planeten. In seinem Lebensbaume strahlen Luna, Venus, Sol...

Wenn der Dichter dies erlebt, so bekommt er auch Gewißheit über seine Lehrerin Natura. Er sieht, daß sie vom All herabgestiegen ist. Ihre Schönheit entstammt dem Kosmos. Sie ist aus Gott geboren. Die Stirn ist vom Monde gebildet. Das Herz von der Goldkraft der Sonne durchdrungen. In den Gliedern regt sich der ganze Tierkreis. Jedes Organ sagt ihm etwas über das Weltall. Er beginnt die Entsprechungen zwischen Mikrokosmus und Makrokosmus zu erkennen.

II

Der Dichter, der beherzigt, was ihn Natura über die Metamorphose der Pflanze lehrt, verfeinert sein Gewissen den Menschen gegenüber. Er beginnt eine tiefere Schicht ihres Inneren zu erfühlen. Schwächen und Vorzüge werden ihm empfindlicher. Ungerechtigkeit be-