Der Künstler zwischen Westen und Osten

Der Weg des Dichters 261

drückt schwerer. Reue verzehrt schmerzlicher. Fremdes Leid spürt er wie am eigenen Leibe.

Die Urpflanze wird ihm zum Gradmesser der Seele, woran er die Fortschritte und Rückfälle seiner Entwicklung ablesen kann. Erlebnisse, die im gewöhnlichen Leben unbeachtet bleiben, spiegeln sich als Bilder.

Man hat z. B. eine psychoanalytische Schrift studiert und sinnt nun über den Eindruck, der zurückgeblieben, nach. Da sieht man ein Sumpfland emporsteigen, mit stagnierenden Wasserlachen und schwankendem Röhricht, Torf, zu schwarzen Pyramiden aufgeschichtet, blaue Libellen, grüne Frösche... Der Fuß kann keinen Boden gewinnen. Man sinkt — und rettet sich ans sichere Ufer des gesunden Menschenverstandes.

Oder man liest Wilsons „vierzehn Punkte“ und fühlt den Drang, eine Häuserreihe zu zeichnen, die sich nach hinten perspektivisch verengt und abgeschlossen ist: eine Sackgasse, noch unfertig und doch schon ruinös. Der Verputz bröckelt zur Erde, die Fenster glotzen gardinenlos. Drinnen, in den Mietskasernen, auf zerrissenen Rohrsesseln und zerfetzten Klubstühlen sitzen einige graue Hutzelmännchen mit Brillen und Spitzbärten: Pazifisten, die nicht ein noch aus wissen. Das Freiheitsgefühl läßt uns dies Gefängnis fliehn.

Es ist Natura, die solche ‚„Kulturbilder‘ in unserer Seele malt. Sie lehrt uns das Gleichnis und die Metapher. Sie gibt uns Parabeln auf.

Hier ist nicht mehr Lyrik und noch nicht Epik. Hier ist der Vergleich! Hier läuft der Dichter Gefahr, der Fabel und Allegorie zu verfallen.