Der Künstler zwischen Westen und Osten
26h Der Weg des Dichters
als Stätte der Geizigen; da eine schmutzige Gasse für Unflätige. Hier Matten mit Rinderherden als Lieblingsort guimütiger Schwerenöter und hier Bergesgipfel über alle Wolken ragend für hellköpfige Idealisten. Oberlin wies mit dem Stabe in der Rechten, wie Moses, nach dem gelobten Lande. Zuweilen fragte er, um zu erforschen, wie enge oder weit der geistige Horizont seiner Zuhörer war, was für eine Seele wohl an diesem oder jenem Orte weilen könnte, etwa im Röhricht ein Schwätzer, oder im Sumpfe ein Verleumder. Wie kommt er wiederum heraus, das ist dieF rage, auf welche Weise hilft man ihm usw. So zeigte er einmal auf das Tal Hinno mit dem Feuersee. „In diesen werden,“ sagte er, indem er einen Theologen des 18. Jahrhunderts zitierte, „nach dem Jüngsten Gerichte alle diejenigen geworfen, deren Namen nicht im Buche des Lebens gefunden werden, wenn sich nicht Christus ihrer erbarmte, die Liebe des Erlösers, die in uns wirken soll...“ Da rief ein Mann: „Dort wohnt meine Frau.“ Diese, ihm zur Seite sitzend, bog sich herüber und wollte ihm den Mund zuhalten, aber er schrie weiter: „Willst du mich erwürgen?“ Und nun brach er vollends los: „Werwol£, Vampir, Blutegel,“ wiederholte er immerzu, bis das Weib sich die Ohren zuhielt und mit rotem Kopfe aus dem Zimmer lief.
Oberlin kannte den Mann seit langer Zeit. Eine schlimme Krankheit hatte sein Gehirn ergriffen! Der Wahn, daß sen Weib ihm seine Seele aus dem Leib sauge, ließ ihn nicht mehr los. Die Frau, die sanft und freundlich war, hatte ihn seinerzeit, als das Übel