Die Französische Revolution
6 Erſtes Kapitel.
reih zu bilden und die Jdeen nationaler — aber noh nicht wirtſchaftlicher — Zuſammengehörigkeit in demſelben weiter auszugeſtalten, mußte er doh vor manchen nur durch das Alter geweihten Jnſtitutionen haltmachen oder fonnte ihnen fein dauerndes Ende bereiten. So hatten in den vergangenen Jahrhunderten die Parlamente des öfteren das Recht, die Staatsverwaltung zu beaufſichtigen, beanſprucht, und es wax nicht gelungen, ſie ein für allemal auf ihre richterlichen Beſugniſſe zu beſchränken, und ſtaatsrechtlich iſ auh unter der Regierung des Sonnenkönigs nichts feſtgelegt worden, obgleich ſie unter ſeinem Regiment um jede politiſche Bedeutung gekommen waren "). So genoß der Adel noh immer ſeine Sonderrechte, inſofern er von der Leiſtung gewiſſer Steuern befreit war, ein Recht, das er einſt als Entgelt für den zu leiſtenden Heeresdienſt erhalten hatte; aber hon ſeit dem 15. Jahrhundert hatte Frankreich ein ſtehendes Heer, und der Adel wurde weiter belohnt für etwas, was er nicht mehr leiſtete, wenngleich ſchon Heinrich TT. 1549 dieſem Privilegium hatte den Garaus machen wollen ?). Auch inſofern hatte die Staatskaſſe zu leiden, als durchaus nicht ſyſtematiſch feſtgelegt worden war, wieviel der Klerus beizuſteuern hatte, obſchon er um Ludwigs Kriege eine beſondere Opferwilligkeit entfaltet hatte oder hatte entfalten müſſen ®).
Weiter, ſo ſehr auh die Regierung - unter Colberts Mitarbeit beſtrebt war, die Provinzen aus ihrer wirtſchaftlichen Abgeſchloſſenheit gegeneinander zu reißen oder ihren Kantönligeiſt zu bannen, aber der Erſolg fehlte dem Werke, und wenn die Hohenzollern ihr Land nicht bloß zu einem politiſchen, ſondern auch zu einem wirtſchaftlichen Ganzen umgewandelt, ihm das allgemeine Landrecht gegeben haben, \o blieb dieſer Erfolg den Bourbonen verſagt ©). So kommt es denn, daß am Anfange der Revolution Mirabeau ſein Vaterland als eine Vereinigung von unter ſih uneinigen Völkern bezeichnet ®), daß noch in der Zeit Ludwigs XVT. der franzöſiſche König in der Provence nur unter dem Namen des Grafen von der Provence Anerkennung genießt ®). So
1) Wahl in Sybels Zeitſchrift (1903), Bd. XXXI, S. 315.
2) Mar >8s, Coligny (Stuttgart 1892), S. 180.
3) v. Ranke, Franz. Geſh., Bd. II, S. 480; Päpſte S. 671 ff.
4) SWmoller im Jahrbuh für Geſeßgebung, Verwaltung und Volkswirtſchaft (Leipzig 1884), Bd. VIII. Koſer in Sybels H. Z., Bd. LXXIII, S. 196.
5) Champion, La France d’après les cahiers de 1789 (Paris), S. 45.
6) Champion a. a. O. S. 51.