Die Französische Revolution
Die Unterbrechung der dynaſtiſhen Tradition und ihre Folgen. 157
opfern. Er glaubte es, und tat {le<t daran. Der König von Frankreich iſt weiſer.“ „Sobald der König die alte Verfaſſung aufgegeben hat, hat er nichts mehr zu ſagen als: „Jh werde das tun, was man von mir verlangt.“ Das dürfte zur Charakteriſierung des Kronprätendenten genügen. Und dabei erwartete man noh, daß ſ\i<h der ſiegberühmte General Bonaparte zum Werkzeug dieſer Politik machen würde! Wie konnte man ihn jezt nur ſo in den Kreis der Berechnungen ziehen! Die Partei der Emigranten wollte auch hier ernten, wo ſie nicht geſät hatte! Der einfachen Verhältniſſen entſproſſene Korſe war nicht der Mann, welchen jemand — auch die hochgeborenen Angehörigen von Alt-Frankreich niht — um die Früchte ſeines Tuns hätte bringen können.
Bonaparte warf nicht bloß jenen Auſſtand nieder, ſondern gewann bald au<h Rom gegen die von den Bourbonen genährte klerikale Richtung für ſih "). Wenige Jahre vergingen, und nachdem die Republik völlig abgewirtſchaſtet hatte, konnte er ſich zum Alleinherrſcher machen: hatte doch die frühere Dynaſtie das Nationalgefühl zu ſehr verleßt, und war er doch das Genie, nah dem Frankreich jahrzehntelang geſeufzt hatte. Jtaliener der Sprache nah, Kondottiere ſeiner Beruſsart nach, von italieniſcher Schlauheit als Staatsmann ?), brachte er als Fürſt die Jdeen und Maximen Machiavellis zur Geltung. Und ſein Machiavelli8smus war es, durch den Frankreich zu. noh nie geſehener Macht emporſtieg, ganz abgeſehen davon, daß Zuſtände nationaler Schwäche, wie ſie 1785 oder 1787 als die erſten Urſachen der Franzöſiſchen Revolution ſich zeigten, unter ſeinem Zepter ganz ausgeſchloſſen waren. Durch ihn wurde die Jahrhunderte alte Sehnſucht der Franzoſen nah der Rheingrenze völlig befriedigt und dur<h ihn ein feſterer Rheinbund ins Leben gerufen, als es die früheren Gründungen geweſen waren. Jhm als Beherrſcher Frankreichs gelang es, ſih zum Kaiſer zu machen, eine Würde, die Karl der Große erworben, die dann aber Kapetinger, Valois, Bourbonen vergeblich erſtrebt haben: auch in dieſer Beziehung fonnte er dem franzöſiſchen Nationalgefühl nur ſ<hmeicheln. Dabei dünkte ſich Napoleon ebenſoſehr der Nachfolger Karls des Großen zu ſein, als der Cäſars ?®), mit dem er ja ſo manches in ſeinem Lebensgange gemein hatte, und nicht ohne Abſicht ernannte er ſpäter ſeinen Sohn zum König von Rom. Hatte er nicht auh den Papſt in ſeiner Gewalt 4)? Faſt könnte
1) Lenz, Napoleon, S. 102. 2) Taine a. a. O. Bd. VV, Bn 1.
3) Lenz a. a. O. S. 118 und Bailleu in Sybels H. Z. Bd. LXXIII, S. 528. 4) Aber weniger die Geiſtlichkeit; ſiehe S. 154. 159.