Die Französische Revolution

14 Erſtes Kapitel.

mußte !). Die Folge war, daß die Franzoſen die Erfolge der preußiſchen Waſſen mit ihren Kundgebungen begleiteten: ſo weit hatte ſih ſhon Regierung und Volk getrennt *). Das franzöſiſche Heer ſelber konnte ſich ja auh nicht mit dem preußiſchen meſſen, was die Rekrutierung anbetrifſt, da die gemeinen Soldaten Frankreihs dur<h Werbung in die Reihen der königlichen Armee gekommen waren, das preußiſche Kantonalſyſtem aber den Anfang auf der Bahn, das Söldnerheer in ein Volk in Waſſen umzuwandeln, bedeutete. Daher war auch der Geiſt der beiden Heere verſchieden. Wie ſehr Machiavellis Saß berechtigt war, daß Volksheere Söldnerheeren unbezwinglich ſind, haben denn auh ſpäter die Siege der Republik Frankreih erwieſen. Auch das Vfſizierkorps war im ganzen nicht ſo tüchtig wie das preußiſche, da nicht die Fähigkeit über die Aufnahme entſchied, ſondern in erſter Linie die Zugehörigkeit zum hohen Adel, wodurch von vornherein die Mitglieder des wohlſituierten Bürgertums ausgeſchloſſen waren. Der Friede von 1763 hatte Frankreich den Verluſt von Oſtindien und des öſtlichen Nordamerika und damit um den Anſpruch auf die Weltherrſchaft gebracht, und das zugunſten des preußiſchen Verbündeten, Englands, deſſen Verfaſſung ja den Franzoſen ſo ſehr in die Augen ſtach; nicht nur der Handel, ſondern auh das Ehrgefühl der Nation wurde dadurch getroffen. Weiter, wenn jeht Frankreich dem Staate an der Donau Gefolgſchaft leiſtete, ſo konnten kleinere deutſche Staaten nicht mehr bei jenem gegen Habsburgs Anſprüche Schuß ſuchen, ſo wurden ſie jetzt mehr oder weniger in die Arme des großen Friedrich getrieben, und Preußen — der Verteidiger der deutſchen Freiheiten ?); auch der Verluſt ſeiner Stellung in Deutſchland, die ja für Ludwig XIV. fo gewichtig geweſen war, daß ſpäter no<h Napoleon *) geſagt hat: „Wenn die deutſche Reichsverfaſſung nicht beſtände, ſo müßte man ſie ganz eigens in unſerm Intereſſe ſchaffen“, war für Ludwig XV. eine Folge eben jenes Bündniſſes.

Dieſe furchtbaren Folgen hätten damals den regierenden Kreiſen in Verſailles die Augen öffnen müſſen über den Wert der mit Habs-

1) v. Arneth, Geſchichte Maria Thereſias (Wien 1863 ff.), Bd. VI, S. 112.

2) Während 1744 Ludwigs Wiedergeneſung überall freudig begrüßt wurde, blieb man 1757 über ſeine Errettung aus Damiens Mörderhänden ſumm, und kaum eine Stimme des Abſcheus vor dem Attentat wurde laut.

3) v. Ranke, Sämtliche Werke, Bd. XXIV, S. 26.

4) v. Sybel, Geſchichte der Revolutionszeit (Stuttgart 1899), Bd. VIII, S. 39.