Die Französische Revolution
Der Könige Kampf für Frankreichs Vorherrſchaft in Europa. 15
burg geſchloſſenen Freundſchaft, dieſen aber war die Freude, den jahrhundertelangen Krieg mit jener Dynaſtie um die Herrſchaft beendet zu haben, genug.
Vielleicht war Spinoza !) der erſte, der da lehrte, daß Bündnisverträgen nur ſo lange das Recht auf Dauer zukommt, als das Wohl der Angehörigen der einzelnen Staaten dadurch Berückſichtigung findet: „Niemand, der die Staatsgewalt innehat, darf zum Schaden des eigenen Staates ein Verſprechen (das Bündnis aufrechtzuerhalten) wahren, ohne ſih einer Sünde ſchuldig zu machen.“ Ähnliches ſagt Bismar> ?): „Keine große Nation wird je zu bewegen ſein, ihr Beſtehen auf dem Altar der Vertragstreue zu opfern, wenn fie gezwungen iſt, zwiſchen beiden zu wählen." Dieſer politiſchen Einſicht, denen große Männer verſchiedenen Zeitalters und verſchiedener Stellung Ausdru> gegeben haben, dieſer Einſicht verſchloß ſih Ludwig, dafür wurde das Gefühl in dem Herzen patriotiſher Männer um ſo reger, wie ſehr Frankreich die früheren Errungenſchaften, denen nur no< zur Krönung das Kaiſertum fehlte, aufgab und von ſeiner alten Größe herabſank. Dabei ſind die weiteren unangenehmen Folgen dieſes Bündniſſes noh gar niht erwähnt. Wenn auh damals Lothringen und Korſika beſezt worden iſ, Frankreich ließ ſeinem Alliierten zuliebe die Abſicht fallen, dem Prinzen Conti die polniſche Krone zu verſchaſfen und damit im Oſten einen Stüßpunkt der franzöſiſchen Politik zu unterhalten ?), ja es hat ſogar die erſte Teilung Polens zugelaſſen; ferner geſtattete Frankreich, daß der Sultan, ſein Verbündeter ſchon aus der Zeit Franz’ L., angegriffen wurde ©). Es iſt daher nur begreiflich, daß dann die Heirat des Dauphin mit Marie Antoinette von Öſterreich als das Ünterpfand jenes verhaßten Bündniſſes wenig Anklang finden konnte: mit eine Urſache für die franzöſiſche Revolution ®)!
Nicht nur in der äußeren, ſondern auch in der inneren Politik tat die Regierung, was ſie wollte, und ſette ſih dadurh auch hier mit dem Urteile und dem Empfinden des Volkes in einen gewiſſen
1) Theologiſ<h-politiſ<her Traktat S. 307 f. der Reclamſchen Ausgabe.
2) Gedanken und Erinnerungen (Stuttgart 1905), Bd. 11, S. 278.
3) v. Arneth a. a. O. S. 48.
4) v. Arneth a. a. O. S. 429. Lenz, Die großen Mächte (Berlin 1900), S. 13.
5) v. Ranke, Urſprung und Beginn der Revolutionsfriege (Leipzig 1875), S. 152. Glagau, Die franzöſiſche Legislative (Berlin 1896), S. 87.