Die Französische Revolution
38 Zweites Kapitel.
haben vorgibt "), ſo hat Carré in ſeinem oben erwähnten Aufſaÿ dargetan, eine wie große Scheu jener niht nur vor dem Hofe, ſondern auch vor den ſozialen Privilegien des Adels und des Klerus beſeſſen habe; hat er doh im Jahre 1780 lieber die Zölle erhöhen und dafür die Zuſtimmung der Parlamente gewinnen wollen ?) und hatte doch ein Verſuch, die Laſt der Wegfronden zu erleichtern, wie in Zeiten Turgots ſo auch diesmal bei dem Adel einige Beſorgnis um das feudale Syſtem hervorgerufen. Er verſuchte dann in anderer Weiſe reformatoriſch zu wirken. Jndem er von der Tatſache ausging, daß die Intendanten der einzelnen Provinzen niht mehr ihren Bezirk zu überſehen vermochten und der Bureaukratismus zu wenig auf die Intereſſen der Bewohner einging, der dumpfe Geiſt der Schreibſtube ſich in den ſchärfſten Widerſpruch ſette zu dem Leben des Volkes, beſchloß er, zur gleicheren Verteilung der Laſten, zugleih auh zur Reformierung des Beamtentums ?), Provinzialſtände ins Leben zu rufen, wie ſie ſhon in zwei Provinzen beſtanden. Damit kommt er wieder auf einen Gedanken Turgots zurü, der bereits der Frage der Selbſtverwaltung näher gerüt war. Noch anderes hat er ſeinem Vorgänger entlehnt: auh er wünſcht, daß die Wahl in jene Vertretung an einen gewiſſen Beſißzſtand oder Einkommen gebunden iſt ©), indem er dem niederen Volke überhaupt das Verſtändnis für politiſhe Aufgaben abſprach; er fügt ſogar hinzu, daß dieſe Verſammlungen nicht periodiſch ®) zuſammentreten dürften: denn das wäre auf eine Beſchränkung der Regierung hinausgelaufen. Jmmerhin wollte Ne>er dur<h dieſe Berufung einer Jntereſſenvertretung erreichen, daß die Parlamente nicht mehr Gelegenheit hatten, ſi< in Verwaltung Ssangelegenheiten einzumiſchen: eine Schwächung der Parlamente hätte nur die Folge ſein können, und dieſe beabſichtigte gerade Necker ®). Ja die Provinzialverſammlungen ſollten ſogar ein Gegengewicht gegen die Parlamente bilden, und offen ſprach er aus, daß mit ihrer Einſezung die Autorität des Königs
1) Dieſe Einſicht war ihm alſo er dur< die Not ſeiner Entlaſſung gekommen.
2) Wahl a. a. O. S. 279.
3) Das geht au< hervor aus dem Bericht des ſpaniſhen Geſandten vom 16. Febr. 1789 (Span. Arch. 3968).
4) Scheibe, Die séance royale vom 23. Juni 1789 (Berlin 1899), S. 36.
5) Ebenda S. 38.
6) Siehe ſeine Schrift „Mémoire sur les administrations provinciales “ vom Jahre 1778, S. 8. 17. 18. 26.