Die Französische Revolution
Ludwig XVI. bis 1787. 45
minderte. Auch das Beamtentum war zum Teil no< immer jeden Pflichtgefühls bar und ſah Staatsgelder als Quelle der Bereicherung an; denn Diebereien kamen häufig vor "). Überhaupt achteten viele den Staat nur als „Milchkuh“ *?). So wenig hatte man oben wie unten an dergleichen Fragen, die doch die Geſamtheit angingen, ein Intereſſe. Solange no< Geld da war, blieb alles beim alten, und mochte auh Frankreih wieder von der erſtiegenen Höhe hinabgleiten. Wenn aber fein Geld mehr da war, wenn man gezwungen war, das Volk in Anſpruh nehmen? Würde dann dieſes nicht bei dem Unwillen, den die Mißwirtſchaft, wie ſie am Hofe und in den einzelnen Zweigen der Verwaltung beſtand, erregte, einen Anteil an der Regierung — gemäß dem engliſchen Vorbilde — beanſpruchen ?
Der Groll der Franzoſen war ohnehin dur andere Dinge, welche in den nächſten Jahren ſich abſpielten, erregt. Das Jahr 1783 hatte ja eine Epoche äußerer Erfolge abgeſchloſſen; das Jahr 1784 ſah die Jſolierung ®) Frankreichs. Dieſer Staat mußte zuſehen, wie vor dem Ehrgeiz Joſephs ſich ein deutſcher Kleinſtaat nah dem andern unter die Vbhut Preußens ſtellte ‘), wo doch früher Frankreich ſeine Aufgabe darin erbli>te, ihr Schirmherr gegen Habsburgs ehrgeizige Pläne zu ſein (S. 14), und als ſi<h dann weiter der Fürſtenbund ®) bildete, vermochte er gegen dieſes Bündnis nicht einzuſchreiten. „Womit ſich König Friedrih von Anfang ſeiner Regierung an getragen, aber ohne es durchzuführen, die großen Intereſſen des deutſchen Reiches mit dem Beſtand und Wachstum ſeines Staates zu vereinigen, das wurde jezt möglih und dringend für beide Teile *).“ Alſo die Anfänge einer Einigung Deutſchlands unter preußiſcher Führung! Es traf ſich günſtig, daß das wieder erſtarkende England hon aus Antagonismus gegen Frankreich dieſem Bunde zuneigte ?). Das alles mußte Ludwig XVI. mitanſehen, weil „die franzöſiſche Politik unter dem Einfluß von Öſterreich
1) Derſelbe am 18. Febr. 1786.
2) Span. Arch. 3968 — 16. Febr. 1789.
3) Inſofern man von dieſer Macht abrüd>te, teilweiſe ſogar eine ihr feindliche Politik einſ<lug.
4) Politiſhe Korreſpondenz Karl Friedrichs, 23. Okt. 1785.
5) Zeitſchrift für Geſchichtswiſſenſchaft, Bd. IX, S. 175 in F. A. Wittihens Aufſaß „Die Politik des Grafen Herzberg“.
6) v. Ranke, Die deutſhen Mächte, Bd. I, S. 225.
7) Ebenda S. 228.