Die Geſchichte des Weltkrieges 1914/17.

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Jlluſtrierte Geſchichte des Weltkrieges 1914/18.

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da lôſte ex die Duna auf. Das Rumpſfparlament aber tagte in Wiborg weiter und konnte nur dur< die Erfärung des Kriegszuſtandes zur Nachgiebigkeit gezwungen _ WwerDen. / | - Die zweite Duma, in dex die ſozialdemoktratiſhen Kreiſe ſtärker hervortraten, hatte fein beſſeres Schi>ſal, die dritte erhielt dur< das neue Wahlgeſeß ein beruhigenderes Ausſehen und es ſchien, daß nun die erfolgreihe Arbeit beginnen fönnte. Aber die Revolution ging weiter, und eine Reihe von Gerichtsverhandlungen entrollte das düſterſte Bild von den ruſſiſhen Zuſtänden. Ehe niht eine volle Erneuerung des ruſſiſ<hen Beamtentums eintrat, war an eine Durhführung des modernen Staates niht zu denken. Jeder Verſuch. konnte nur zur Shwächung der Zentralgewalt führen. So erfolgte zugleih ein Neubau mit zu [<wachem, ja, unterwühltem Grund und ein Abbru< der alten Grundmauern! Es iſt niht anders: der Zar hat im Ringen mit dex Revolution ſelbſt den Aſt abgeſägt, auf

dem ex ſaß. Und do<h muß man ſagen, daß Rußland gerade

unter ſeiner Herrſchaft

zu Lande eintrugen. Das Bündnis mit Frankreich war im

vatexrländiſhen Sinne wohl begründet, und es wäre ihm

ein leichtes geweſen, ihm die ſharfe Spiße gegen Deutſhland zu nehmen. Der Deutſche Kaiſer ſelbſt wollte ihm fogar jene Richtung geben, die in Napoleons II1. und auh in Bismar>s Plänen eine Zeitlang eine niht unwichtige und feineswegs unerfüllbare Rolle geſpielt haben. Sier lag auch für Nikolaus Ik. der Weg des Heils, der ihn der gefährlihen Geſamtlage entzogen hätte, dur< die er Rußland und Rußland ih ſelbſt verlor. Sein Unglück. war neben der eigenen Shwäche König Eduard VII. Dur ihn fam ex in das gefährlihe Fahrwaſſer. Die engliſche Politik hat ihm die Nadel ſeines Kompaſſes falſch eingeſtellt, ſeinen Ehrgeiz genährt, die alten Hoffnungen in Süd und Weſt erregt und in ſeiner Umgebung die Kräfte gewe>t, die in dieſem Sinne auf ihn einwirkten und in dem entſcheidenden

Augenbli> das Steuer ſelbſt gegen ſeinen Willen, ja, gegen ſein Wiſſen herumſhlugen, ſo daß das Schiff in den Strudel

hineinfuhr, aus dem es kein Entrinnen mehr gab. S So war er ſ<ließlih

weit mehr des Neuen

und des Guten empfan-

gen hat, daß [ih inmit-

ten manqher verfehlten

- Maßregel man weiſer,

ſtaatsfluger A zeigt, deſſen Bedeutung erſt ſpäter .rihtig gewertet

werden wird. Es war viel getan worden. Es

wäre nur darauf ange-

fommen, die Gaben aus

des Zaren Hand rihtig

und ehrli<h anzuwenden.

Aber man kann ja aus dem Prozeß Suchomli-

now (ſiehe in Band VIT

Seite 247 und Bild Seite

252) erfennen, wie mit

dem Zaren und ſeinen

Befehlen umgeſprungen

wurde, wie er Do< nur

ein Spielzeug war in

Den Händen ehrgeiziger,

geldgieriger und beden=tenfreier Verbrecher, und

wie dur< ſie Vernunft Unſinn, Wohltat Plage

wurde. Au in der auswärtigen Politik erkennen wir na< neuen

Veröffentlihungen mehr,

als es früher mögli

war, daß Nikolaus II.

der überlieferten Freund-

ſhaft mit den Zollern urſprüngli<h durchaus

niht ſo abgeneigt war,

als es na<h den bis-

herigen Annahmen den Anſchein hatte. Auch hier war er mehr der Getriebene als der Treibende. Wo er freie Hand hatte, da ſuchte er immer wiedèr die Anlehnung an Berlin.

Freilich fand er Deutſchlands Gegner im eigenen Hauſe. Die eigene Mutter ſhürte das Feuer der Zwietraht, und die Gattin an ſeiner Seite, Alix von Heſſen, trug zu \{<wer an dem eigenen Leid, als daß ſie die volle, glü>lihe Kraft beſeſſen hätte, zum Heile des alten und des neuen Vaterlandes für befriedigenden und befriedenden Einklang zu wirken. Das war ja der politiſhe Zwe> dieſes Ehebündniſſes geweſen, weit mehr im Intereſſe des Hauſes Romanow als Deutſchlands. Aber die Gegenſtrömungen waren zu ſtark, viel ſtärker als früher. S<hließlih hat ja jeder Zar der altruſſiſhen Partei Opfer bringen müſſen, und keiner, außer Poter dem Großen, hat ihr ungeſtraft widerſtrebt. Nifo-

E hat es wohl verſu<t, und mancher Schritt ſeiner PoliUE war nigt in ihrem Geiſte. Der Krieg gegen Japan fand ſo allgemeïînen Widexſtand. Es waren andere Strömungen, die ihn in dieſes gefährlihe Abenteuer hineintrieben, das ihm den Verluſt ſeiner Flotte und die ſ<hweren Einbußen

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Aufnahme eines beſonders éſlugen Ganitätshundes na einer erfolgreichen Guche.

von allen guten Geiſtern verlaſſen und mußte einen Krieg führen, mit dem er ſelber wohl in Gedanken geſpielt hatte, dem ex aber doch in leß=© ter Stunde widerſtrebte. Er mußte Gefühle Heu<heln, die ihm früher niht fremd geweſen, und deren Verderblihkeit er jezt erfannte; er mußte, und das iſt für einen Fürſten wohl das Schwerſte und Unſühnbarſte, ſeine Heere fremden Zweden opfern. Er wurde aber feſtgehalten in dem Bunde mit allen Mitteln, und als er doh zu verſagen drohte, Da wurden die Mächte der Tiefe beſ<hworen und mitihnen fam ſein Sturz. Ob au ſein Ende und das des Hauſes Roma-

now? MWir- wiſſen es niht. Wohl ſind die Kräſte der Gegenſtrö-

mung rege. Wohl war die Erhebung des Ge_nexrals Kornilow dafür ein ſtarkes Zeichen. Doh hat die Volkspartei un=ter Lenin und Trohli vorerſt den, Sieg davongetrag-n. Aber wie gegen England die Entſcheidung auf den VBooten heranſhwimmt, ſo kommt ſie in Rußland früher oder ſpäter auf dem Rüden eines Koſakenpferdes angeritten. Ob ſih dann die Tore der verſhwiegenen Feſtung öffnen, în deren Mauern Nikolaus Romanow mit ſeiner unſeligen Gattin und dem armen Zarewitſ<

Phot, A, Grohs, Berlin.

ſ<ma<htet, das iſt eine ſpätere Frage. Und eine weitere,

ob er noh die ſeeliſhe und förperlihe Kraft haï, den Kampf um dieſes Reih der Ruſſen zu wagen. Als ih die Verſhwörer die Verzichturkunde vorlegten und er mt äußerer Ruhe und doch innerlih aufs tiefſte erſ<hüttert Den ſ<merzli<ſten Verzicht wählte, da ſchien es freili, daß er mit Thron und Leben endgültig abgeſchloſſen hätte, und daß er nihts mehr wahren wollte als das zarte Leben ſeines Sohnes, um das er fraalos und obne Widerſtreben Reih und Krone dahingab. Er hat damit geſühnt, was er ver ſ<huldet hat. Wie aber wird die Sühne derer ausfallen, die ihn geſtürzt und damit über Rußlan» die ſieben Plagen heraufbe|<woren haben? Welche Hände werden jene \<lagen — oder welhe Hand? Denn ein Rächer wird au< ihm erſtehen, wie jedem, dem Gewalt wider Recht

geſhah!