Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

Krämer nebenan. Seine Dummheit, seine Selbstsucht, sein Eigensinn, seine Eitelkeit, werden dauernd verhindern, daß er, mit Umgehung eines über die ganze Erde ausgespannten raffgierigen Ketten- und Zwischenhandels, in Gemeinschaft mit Seinesgleichen allen Bedarf vom Orte der Herstellung bezieht. — Die Heilmittel und Lebensreiormen, zu denen der abendländische Mensch flüchtet, verschließen den Blick vor neuen Möglichkeiten einer durch Aufstieg werktätiger Millionen veränderten Erde. Man glaubt die Schwierigkeiten zu besiegen, wenn man sie nur nicht klar ansieht. Man slaubt den ‚Intellektualismus‘ überwunden zu haben, wenn man auf ihn schimpit. Man wähnt Maschinenkultur unschädlich zu machen, wenn man sienicht nützt. Man schwärmt für Natur, Einfachheit, Vereinfachung, Bedürfnislosigkeit, waldursprüngliche Kleinsiedelung, ireideutsches Wandervogeltum; das heißt: man möchte inmitten einer noch gar nicht voll begriffenen und wunausgenützten Werktumsgewalt zurückberufen ein primitives Zeitalter der Hackwirtschaft und sich so gehaben, wie (übrigens nur in unserer Einbildung!) die alten Germanen, Hellenen oder Urchristen gewirtschaftet und gesiedelt haben sollen.

Wie Hohn wirkt, daß das einzige Land Europas, welches den Kern der abendländischen Mißwirtschaft klar durchschaut, das einzige, welches unternommen hat, aufzubauen neue dem veränderten Werktum angepaßte Planwirtschaitsformen und anzupflanzen eine neue Norm und neue Gemeinschaftsseele, nämlich Sowjetrußland, sich darstellt als das aller-unangepaßteste und dem abendländischen Werktum fernste, nur durch Zuckerbrot und Peitsche lenkbare, zur Verwirklichung veränderter Lebensformen unfähigste aller Unkulturländer.

Das gegenwärtige Bild des Abendlandes ist das Bild eines wiüsten demokratisch-selbstbewußten aber demnächst nach einer ‚starken Faust‘ schreienden Menschengewimmels, dem seine eigenen Gedanken und Werke über den Kopi gewachsen sind. Das Werktum ist klüger geworden als der Werker. Die Welt der Dinge scheint die Seele aufzutrinken. Wo gibt’s aus diesem Zwist einen Ausweg?