Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

581 ‚ımerkennbar bleiben für diejenigen welche darinstehn, erinnernd an Heines Wort „Was er webt das weiß kein Weber“, so läßt sich immer erst wenn der Meinungen-, Parteien-, Klassen- und Völkersturm vorübergerauscht ist erkennen, welche Wachstumsgewalt benötigte alle diese scheinbar unüberbrückbaren Gegenspiele. Angesichts dieses Schicksals läßt sich nur -schweigen, warten und vertraun .. )

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‚Was zur Verzweiflung mich beängstigen könnfe

Zwecklose Kraft unbändiger Blemenle ne: Wir haben keine Wahl, auch dann nicht, wenn wir "wählen. Wenn das Werktum und die Wirklichkeit der Civilisationsmenschheit sich als der Todesweg des Lebenselementes kundgibt, so steht uns darum dennoch nicht frei, andere Wege einzuschlagen als unsre Not einzuschlagen uns anpeitscht. Die beiden schlimmsten Nöte unsres Weltteils sind die Kälte und die Übervölkerung. Ihnen danken wir alle Werktumsgewalt wachen Bewußtseins. Diese Werktumskultur gleicht der Lanze des Achilleus. Die Wunden, welche die Spitze der Lanze dem

Leben schlägt, sind heilbar durch die Berührung mit dem

Schafte der selben Lanze. Es liegt in unsrer Hand, ob’ wir sie verwenden als Mittel des Mordens oder der Genesung. Aber es gibt kein Zurück auf dem Wege der Eroberung der Wirklichkeit. Können wir Steine in Brot, Holz in Zucker wandeln, Kohle ersetzen durch Elektrizität, Städte erwärmen durch Atomzertrümmerung, die Erde umfliegen im Luftschiff, die Erreger von Diphterie, Tuberkulose und Lues endgültig abtöten, dann erst haben wir den Boden geschaffen für eine schönere Menschheit. Hölderlin hat wohl Recht mit dem Worte, daß der Weise zuletzt sich neige dem Zwecklos-Schönem. Aber ungleich tiefer blickt die letzte Erkenntniß Goethes, dargelegt im

=) Folgendes persönliche ‚Beispiel kann das Gemeinte klarer machen. Als ich dies Buch und die Gedichte des Anhangs schrieb, da glaubte ich mich im Widerspruch zu aller „geschichtlichen Realität“ und völlig vereinzelt. Nun sind acht Jahre vorüber, und schon sind die damals unerhörten Gedanken wie abgegriffene Münzen. Denn schon gibt es ein breites Schrifttum aus ähnlichem Geist. Man glaubt allein zu stehn und denkt schließlich doch nur ‚was in der Luft liegt‘. In solchen Fällen von Erstlingsrechten zu sprechen ist töricht. Vielleicht ist bei allen Findungen und Entdeckungen ganz zufällig, auf wessen Namen sie geprägt werden. Die Sache ist so zu erklären, daß derienige der nichts zum Ausdruck bringt als sein Eigenstes, damit immer hingelangt zu emem Punkte, wo, ohne daß er davon weiß, nur eine Gemeinschaftsseele ihn als Harfe erwählt für ihre Nöte. Der scheinbare Einzigkeitstrotz erweist sich dann als Weg der Demut.

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