Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit

- vollständig schief und befindet sich-eine Schafheerde in letzter Verzweiiiung, dann spricht sie: ‚Wir haben uns geirrt! Ach! es war Sünde!‘ — — Bedenkt man nun, daß diese Tragiposse, genannt ‚Weltgeschichte‘, seit Jahrtausenden und Abertausenden unauthörlich sich wiederholt, so ist Eines erstaunlich und kaum begreiflich: daß auch die besten, auch die - edelsten Seelen, sobald sie keinen anderen Ausweg sehen: die ‚historische Notwendigkeit‘ als eine Rechtfertigung, ia sogar als Heiligung ergreiien für jede Teufelei, jede Verruchtheit, jede Unmenschlichkeit, die die Not uns Menschen eben abnötigt. Völlig stumpfsinnige belanglose, köhler- und abergläubische Lebewesen, die in Friedenszeiten völlig unbekannt von der Erdenbühne abgetreten wären, werden auf ein Mal: Menschheitswunder der ‚Geschichte‘. Wieder erwacht das von allen Dichtern verherrlichte todschlagiröhliche älteste Schlagadodro_ und Recken-Ideal, — ein Heroenbegrifi, dessen Voraussetzung ist: de Stumpfiheit gegen alle von Menschen an Menschen zu begehenden Verbrechen. Ist der Mensch aber in die Lage versetzt, sich seines Lebens wehren zu müssen oder glaubt er auch nur, in eine solche Lage versetzt zu sein, so ist er durchaus nicht mehr zugänglich für eine Erwägung wie die, ob denn auch just das Fortleben seiner Person eine Forderung des Wertes und der Würde sei, und ob denn z. B. die Schönheit und die Bedeutung der Erde dadurch verlieren würde, wenn es nun zufällig keine Menschen mehr auf ihr gäbe, welche Deutsch oder Russisch oder Englisch oder Türkisch oder sonstwie taten und tuten. Der Glaube an die Notwendigkeit der eigenen Fortexistenz, das ist die zwar sehr naive, aber überall entscheidende selbstverständliche Voraussetzung alles Wachstum und aller Wachstumsentscheide. Damit stehen wir vor der Einsicht, daß unter alle den vernunitlosen, nur vom Drucke ihrer augenblicklichen Notwendigkeit bestimmten und bestimmbaren amerikanisch-europäischen Menschenmassen ein mörderischer Kampf um die Vorgewalt unvermeidlich ist. Kampf um die Vorgewalt aber heißt: Kampf um Verbreitung der eigenen Art. Denn nur dasjenige Volk kann in den kommenden großen Bruderkriegen der Erde Sieger bleiben, welches klar bewußt die meisten Söhne in die Welt setzt, welches am meisten ‚kolonisirt‘, ‚annektirt‘, ‚missionarisirtt und für die Reichsgeschäftsalgebra seines Staatsgeheges, seiner Kirche und seiner Sprachgemeinschaft das meiste und beste ‚Menschenmaterial‘ zur Verfügung hält;