Europa und Asien : oder Der Mensch und das Wandellose : Sechs Bücher wider Geschichte und Zeit
Geist ist Licht!) aus dem vom Dunkel bedrücktem Leben hervorzunötigen. Aber indem nun das Licht aus dem Lebenselemente heraustritt, wandelt sich seine Helle zur Hölle. Das dem Leben eingesenkte, eingeborene Licht tritt dem Leben gegenüber. Da verblassen die Gestalten! -Da werden Lebensdämonen: schemen- und schattenhaft! Und. als geistige Schatten huschen die Wissend- und Wachgewordenen über die spiegelglatte Eisiläche der Zeit.
Wir Abendländer sind solche wirklich d. h. mechanisch sewordene — Gespenster.
Im gegensatz zu jenen inmitten farbiger Lichtnatur iortblühenden Kindern tropischer Sonnenländer leben wir seit Jahrhunderten einerseits beschützt, andererseits aber auch verkäfigt. In Rauch und Ruß, hinter Mauer und Stein sehen Millionen. das 'dunkele Jahr entlang, keine Quelle,. keinen Himmel und keinen Baum. Die Kälte, Nässe und Finsterniß der sogenannt gemäßigten Zone, unser ungesundes unwirtliches unbeständiges Wetter hat unser Innenleben geweckt und gewitzt gemacht, so wie jedes Tier wach und erfinderisch wird, wenn man es den täglichen Reibungen der Not preisgibt.
Jeder Leib der Erde gelangt zum Empfinden, das heißt zum spiegelnden Sichinnefinden nur dann, wenn ihm eine Wunde zugefügt wird oder wenn er im natürlichem Ablauf und Abiluß seines träumend bildenden Wachstums gehemmt und gestaut wird. Daher ist jede Abschnürung oder Vereinzelung schon eine Krankheit innerhalb des vorbewußt lebendigen All- und Eines. Geist aber, Etik und Logik, sind ja nicht ursprüngliches, sondern sind selbinnegewordenes und mithin abgeschnürtes Leben. Daher gleicht denn die Etik (dem kosmisch Grenzenlosem gegenüber) einer Sünde und die Logik einem Irrtum. Merkwürdig genug nennen schon die ältesten Upanishads die Welt der Tageswirklichkeit den Krebs am Marke des Lebens. Buddha aber nennt das wache Denken sogar den Schlächter des Lebendigen. Und Sankara (geb. 788, grade 1000 Jahre vor Schopenhauer) nennt das Gegenständliche im Raume und in der Zeit: Indras Wunde.
Die einfältigen und dumpfen Kinder der geneigteren Sonne stehen nicht gleich uns der ‚Welt‘ gegenüber: wägend, wertend, urteilend, wollend. Sie leben im zeit- und gegenstandslosem Zusammenhange mit chtonischen oder astralen