Geschichte der französischen Revolution

Das Reich vor der Revolution. 91

mus übergingen, was niht überall der Fall war, blieb na< dem Grundſatz: Alles für das Volk, nihts dur das Volf, die bedingungsloſe Bevormundung der Untertanen die Regel. Ohne organiſ<he Verbindung mit dem Staatsganzen, verlor ſih die Mehrzahl der Bürger in ſtumpfer Reſignation in die Kleinli(keiten des täglichen Lebens; in den Wirtshäuſern, die ſeit der Mitte des Jahrhunderts eine erhöhte geſellſhaftli<he Bedeutung erlangt hatten, war das „Räſonnieren“ an der Tagesordnung, aber die Fäuſte, die zornig auf den Biertiſch niederfuhren, vermochten niht, den Staat aus den Angeln zu heben. Andere wieder ſuhten in den ſ<höngeiſtigen Beſtrebungen einen Erſaß für die Teilnahme am öffentlichen Leben, wie denn die traurigen politiſhen Zuſtände zu einer intenſiveren Beſchäftigung mit der Wiſſenſchaft und der Kunſt führten; aber auc das hat vielfah nur eine Lo>erung des Samilienlebens mit ſi<h gebraht. Erſt der Pietismus führte aus den toten Überlieferungen zu einem beſſeren Leben hinüber, indem er eine Reviſion der Erziehung herbeiführen wollte, und ſo fand Rouſſeaus Emil gerade in Deutſchland den Boden wohl vorbereitet. Leſſings Beſtrebungen zielten auf eine Reform des deutſchen Theaters hin, aber einen politiſhen Charafter erhielt die deutſche Literatur erſt dur die Taten Friedrichs des Großen. SFreili<h mußte gerade das Syſtem dieſes Fürſten, ſo viele tüchtige Keime darin enthalten waren, die erſt einer ſpäteren Seit zugute kamen, unter ſeinen ſ<hwächeren Nachfolgern verſagen, da mit dem Tode ſeines Schöpfers es ſeinen ſtärkſten Rüdhalt verlor. Der wärmſte Bewunderer des Preußenkönigs war der Sohn ſeiner Todfeindin, Kaiſer Joſef IT., der im Gegenſatz zu ſeiner in den Maximen des 17. Jahrhunderts ſte>en gebliebenen Mutter ſi< bemühte, mit eiſerner Konſequenz die Lehren der Aufflärung in ſeinen Staaten zu verwirklichen. Aber ſon ſeine nächſten Nachfolger mußten ſeine Neuerungen in ſeinen Erblanden widerrufen, und im Reich hat er ſelbſt noch die Fruchtloſigkeit aller Reformen einſehen müſſen.

So fonnte man bei dem Ausbru<h der Franzöſiſchen Revolution in Deutſchland nur eine Beſſerung der beſtehenden Verhältniſſe erwarten. Und gerade die Träger der Aufflärung haben ſi ihr darum zu Anfang mit Begeiſterung verſchrieben, niht nur einzelne Fürſten, ſondern das ganze Heer der Literaten und Schöngeiſter, alle die Weltverbeſſerer und Unzu-