Geschichte der französischen Revolution

92 VI. Kapitel. Deutſchland und die Revolution.

friedenen. Aber wenn KlopſtoÆ damals mit einem Brutuskopf ſiegelte und nah Mirabeaus Tode Trauerkleider anlegte; wenn Kant in Königsberg na der Verkündigung der Republik in Paris ausrief, wie Simeon : „Herr, nun läſſeſt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du geſagt haſt, nahdem i den Tag des Heils geſehen habe“; wenn Goethe dem Richter in „Hermann und Dorothea“ die Worte in den Mund legt : Denn wer leugnet es wohl, daß ho ſi das Herz ihm erhoben,

Als ſih der erſte Glanz der neuen Sonne heranhob, Als man hörte vom Rete der Menſchen, das allen gemein ſei, Don der begeiſterten Freiheit, und von der löblichen Gleichheit ;

wenn Siller, der ſhon die Räuber mit dem Wahlſpruch: In tyrannos verſehen hatte und Karl Moor ſagen läßt: „Stelle mi vor ein Heer von Kerls wie die, und aus Deutſchland ſoll eine Republik werden, gegen die Rom und Sparta Nonnenklôſter ſein ſollen“, der Frau von Stein éine sSeitlang wie ein vertappter Republikaner erſchien; wenn ſogar ein Politiker wie Schlözer in Göttingen verlauten läßt, die Engel im Himmel hätten wohl ſelbſt ein Te deum laudamus angeſtimmt über die jüngſten Ereigniſſe in Sranfkrei< — ſo geben uns ſolche Stimmen, ſo ſorgfältig ſie auh zuſammengetragen worden ſind, doch keinen Einbli> in das Fühlen und Denkten der breiteren Volfs\hi<hten. Denn eine öffentlihe Meinung im heutigen Sinne fehlte damals. Damit iſt auc die Frage ſhon berührt, warum die Revolution in Deutſchland niht ſhon im Jahre 1789 ähnliche Folgen gezeitigt hat, wie wir ſie ſpäter, 1830 oder 1848, beobachten fönnen. Immerhin mögen wenigſtens in einem großen Teil Deutſchlands die feudalen Laſten geringer geweſen ſein als in Frankrei; damit iſt nichts erklärt, da gerade die freien Bauern am meiſten mit der Bewegung ſympathiſiert haben. Das ausſ<laggebende Moment iſt niht nur das Fehlen einer öffentlihen Meinung, ſondern überhaupt einer geſchloſſenen Volksvertretung, wie ſie Frankrei<h im tiers état des Parlamentes doch vergönnt war. Endlich fehlte den Deutſchen in ihrer Serriſſenheit ein gemeinſamer Mittelpunkt, der wie Paris hätte der Herd der Revolution werden können.

Dem Rei als ſolchem boten zwei Dinge Anlaß, ſi<h mit den Vorgängen jenſeits der Vogeſen zu beſchäftigen. Die Emigran-