Griechische Bildwerke : mit 140, darunter etwa 50 ganzseitigen, Abbildungen

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verloren hat, ist noch im Marmor, besonders in der Behandlung der Haare und des kurzen Hemdchens die Knappheit und Schärfe der ursprünglichen Metallarbeit durchzufühlen.

. Der Dornauszieher. Die Figur ist den Skulp-

turen des Zeustempels in Olympia verwandt und etwa gleichzeitig mit ihnen entstanden. Besonders an der Bildung des schön ziselierten Haares — das einen Rückschluß auf die Erscheinung des Bronzeoriginals der Wettläuferin erlaubt ist ein Rest archaischer Befangenheit zu erkennen: die Locken fallen so, als ob der Kopf aufrecht gehalten würde. Das plastische Motiv ist ohne einen Nebengedanken aus dem gegenständlichen Motiv entwickelt; so wenig der Knabe sich bei seinem Tun beobachtet fühlt, so wenig scheint der Künstler an ein Publikum für sein Werk gedacht zu haben.

26. Apollo aus Pompeji. Die bis auf die Leier, die

der Gott im linken Arme hielt, unversehrt erhaltene Figur ist wahrscheinlich eine in der Zeit um Christi Geburt hergestellte Nachbildung eines alten griechischen Originals aus der Mitte des fünften Jahrhunderts. Diese frühe Epoche der griechischen Kunst stand bei den Römern der letzten republikanischen Zeit in besonderer Schätzung. Das erklärt auch die Treue, mit der in dem vorliegenden Fall das altgriechische Original nachgebildet worden ist. Eine Zeitlang hat sogar die Neapler Statue für eine griechische Originalarbeit gegolten.

. Jünglingsfigur aus Subiaco. Die Entstehungs-

zeit der Figur wird meistens um Jahrhunderte später angesetzt, als es hier auf Grund eines beachtenswerten Erklärungsversuches geschehen ist, nach dem das schwebende, flüchtige Bewegungsmotiv ein Nachklang des altgriechischen Knielaufschemas ist und die Figur in der Zeit des Übergangs vom strengen zum freien Stil, also etwa im 2. Viertel des V. Jahrhunderts entstanden ist. Dann wäre das Marmorwerk freilich schwerlich ein Original, sondern eine spätere getreue Kopie einer Bronze. Der Jüngling ist in vorwärtsstrebender Bewegung mit vorschwingendem linken und hochgehobenem rechten Arm dargestellt, das Gewicht ruht wesentlich auf dem rechten Bein, nur die Zehen des linken Fußes berühren den Boden, das Marmorstück zwischen Plinthe und Knie ist nur aus technischen Gründen stehen gelassen.

Gefunden ist die Figur in den Trümmern einer Villa Neros bei Subiaco. 29. Myrons Diskuswerfer. Der Diskuswerfer des Myron ist in verschiedenen Marmorkopien erhalten. Im letzten Winter wurde im Castello Porziano bei Ostia, einer Besitzung des Königs von Italien, der als Nr. 28 abgebildete Torso ausgegraben, eine vorzügliche römische Kopie aus der Zeit des Augustus. Dieser Torso, der selbst aus achtzehn Teilen zusammengesetzt ist, liegt der Ergänzung zugrunde, die der Direktor des Nationalmuseums in Rom, G. E. Rizzo, mit Hilfe der besten sonst erhaltenen Kopien ausgeführt hat. Der dem Torso fehlende rechte Arm mit dem Diskus ist ein Abzuß des Armes in der Casa Buonaroti in Florenz. Der Kopt ein Abguß des Discobolo Lancelotti, für die Füße wurden die antiken Teile der Replik des britischen Museums abgegossen, nur die Finger der linken Hand sind frei ergänzt. 31. Die Bronzestatue des sogenannten Idolino. Beim Ausheben des Grundes für die Funda-

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mente eines Hauses wurde die Statue im Jahre 1530 in Pesaro gefunden. Sie gelangte durch Schenkung in den Besitz des Herzogs Francesco Maria von Urbino, des Gemahls der Eleonora Gonzaga. Ein Jahrhundert später gab Francesco Maria II. sie seiner Nichte Victoria bei ihrer Vermählung mit Ferdinand II., Großherzog von Toskana, in die Ehe mit. Seitdem verblieb die Statue in Florenz. Der rechte Arm war abgebrochen, wurde aber bei der ersten Herrichtung richtig wieder angesetzt, die rechte Hand hielt ehemals einen Gegenstand, wahrscheinlich eine Opferschale, die Lippen scheinen ursprünglich mit dünner Silberfolie belegt gewesen zu sein. Die runde Basis ist antik, aber nicht ursprünglich und wohl erst in römischer Zeit hinzugefügt.

Die Bezeichnung Idolino ist der Statue verblieben, obwohl sie einen sterblichen Knaben, nicht, wie man früher annahm, einen jugendlichen Gott vorstellt.

. Apollokopf aus der Sammlung Baraeco. Der

Apollokopf der Sammlung Baracco gehört zu einem Typus, der in mehreren vollständigen Figuren — deren beste sich in Kassel befindet und Köpfen erhalten ist. Er ist durch vollere, üppigere Formen von den Figuren des olympischen Zeustempels deutlich unterschieden und geht wahrscheinlich auf ein griechisches Original aus der Mitte des V. Jahrhunderts zurück, das Furtwängler dem Myron zugeschrieben hat. Apollo. Die Statue gehört zu den letzten großen römischen Funden. Im Jahre 1891 kam sie bei der Tiberregulierung zum Vorschein. Von Abschürfungen der Haut auf der linken Seite der Brust und am linken Bein und von kleinen Verletzungen des Hauptes abgesehen, ist sie bis auf den linken Arm und die rechte Hand wohlerhalten. Es ist die Marmorkopie eines Bronzewerkes, in dem ein Werk aus der Frühzeit des Phidias vermutet ist. Stilistisch gehört die Statue in die Mitte des V. Jahrhunderts. Der Gegensatz zwischen Stand- und Spielbein ist noch nicht ganz klar herausgearbeitet, das linke Bein trägt freilich die Hauptlast des Körpers, aber das etwas vorgesetzte rechte Bein ist noch nicht ganz entlastet. Die Statue ist eine Weiterbildung der als Nr. 26 abgebildeten Apollostatue aus Pompeji. Der Vergleich mit diesem Werke lehrt, wie stetig und folgerichtig die Entwicklung der griechischen Plastik vor sich gegangen ist. Der auf der Abbildung gedämpfte Baumstamm ist eine Zutat des römischen Kopisten. 35. Die Athena Lemnia des Phidias. Von den großen Götterbildern des Phidias ist uns wenigstens eines in späteren Kopien erhalten. Es ist Athena Lemnia, eine Statue der Athena, die der Stadtgöttin von athenischen Bürgern geweiht und auf der Burg aufgestellt wurde, als sie die Heimat verließen, um sich auf der Insel Lemnos anzusiedeln. Das geschah etwa im Jahre 450. Mit der Linken hielt die Göttin die Lanze hoch gefaßt, in der vorgestreckten Rechten scheint sie den Helm gehalten zu haben.

36-46. Skulpturen vom Parthenontempel auf der

Akropolis von Athen. Über die Skulpturen vom Parthenontempel vgl. die Einleitung. Hier nur ein Wort von Goethe über den Kopt des Pferdes aus der rechten nördlichen Ecke des Ostgiebels, dem einzig erhaltenen aus dem Gespann der niedertauchenden Mondgöttin Selene. Bald nachdem die Skulpturen des Parthenontempels, durch