Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel
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zerreißen und wir mit ihnen vereint den gemeinſamen Feind bekämpfen; Gott wolle es geben.“ —
Das lette dieſer Blätter iſ datirt aus Sansfouci vom 8. Auguſt 1814, alſo nux wenige Monate vox dem Tode der Schreiberin, und iſt eigentli<h nux ein Laut dex Klage und der ungetröſteten Sehnſucht um die ſtets beweinte, unvergeßlihe Königin. Damals ſtand die Oberſthofmeiſterin in ihrem ſe<s und ahtzigſten Lebensjahre und in dieſem Alter, wo das Gefühl kühl und ruhig zu werden pflegt, lieben und trauern wohl nux wenige mit einer Jnnigkeit und Wärme der Empfindung, wie ſie aus dieſen Zeilen ſpricht.
„Wenn ih zurückblice auf mein vergangenes Leben, ſo zieht Bild auf Bild an meiner Seele vorüber. Wie jung war ich, da ih an Hof kam, — wie bald fing die unglück ſelige Neigung des Prinzen von Preußen an, wie lange, wie treu hat er mi geliebt! — wie unglü>li<h bin ih damals geweſen — wie traurig war meine Verheirathung! — Von den geliebten Kindern, die Gott mix gab, mußte ih meme beiden Söhne ihm wieder zurückgeben, und meine arme Tochter, ſo weit von mix verheirathet, ward nah und nach all ihrer Kinder beraubt. — Dann kam das Unglück meiner theuren Herrſchaften, das Unglück meines Vaterlandes, das ih im Blute ſhwimmen ſah, — die Knechtſchaft unter der graufamen Hand dieſes Böſewichts, der zwanzig Jahre lang die Geißel der Menſchheit geweſen iſ. — Ach, und der Ver[uſt meiner Königin! — in dex bittern Zeit mußte ſie ſter-= ben, wo wix noh in der Erniedrigung ſeufzten und gezwungen die Verbündeten unſeres Feindes ſein mußten! — Als dieſer Engel von Königin uns entriſſen wurde, wie ertrug ih nur
meinen Schmerz? — - A, ſie war unvergleihli<, eine Frau Am Preußiſchen Hofe. 2. Aufl, 28