Neunundsechszig Jahre am Preussischen Hofe : aus den Erinnerungen der Oberhofmeisterin Sophie Marie Gräfin von Voss : mit einem Porträt in Stahlstich und einer Stammtafel
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Heftige Gewitterregen hatten die Wege zerriſſen, man gelangte nur mit Mühe vorwärts; der Herzog von Weimar war der Königin entgegen gekommen und begleitete mit eini= gen Herrn ſeines Gefolges den Königlichen Wagen zu Pferde. Von einem Berg, die hohe Sonne genannt, ging dex Weg einen ſteilen Abhang im Zickza> hinab; dieſe Seite des Berges hieß die Schne>e und die Herabfahrt an derſelben galt für gefährlih. An der ſchlimmſten Stelle bricht plöß-= lih der Hemmſchuh, der Wagen ſchießt vorwärts, der Herzog zieht den Degen, ſprengt auf das Handpferd los und ſticht es nieder. Das zu Boden ſtürzende Thier hällt den Wagen auf, die Königin iſ gerettet, Dex Herzog wirft ſi<h vom Pferde, reißt den Schlag auf und hebt ſie auf ſeinen Armen aus dem no< ſ{hwankenden Wagen. Das lehtere war im Grunde niht mehr nöthig, da die Gefahx vorbei war, in dem Entſehen des Herzogs, der die Fürſtin ſo gefährdet ge= ſehen hatte, aber vielleicht begreiflih. Auf dex andern Seite des Wagens ritt ein robuſter Forſtmeiſter, der zum Revier dieſer Waldſtre>e gehörte; kaum ſicht er den Herzog vom Pferd ſpringen, fo thut ex daſſelbe, macht auch ſeinerſeits den Schlag auf, ergreift die ſih heſtig ſträubende Oberſthofmeiſterin und reißt ſie aus dem Wagen. Abex jene war durchaus nicht ängſtlich und wenig gerührt von dieſem Nitter= dienſte, ſagt ſie dem aufgeregten Forſtmeiſtex, der ſie auf den Armen hält, ungeduldig: „Pfui, wie rie<ht ex nah Zabafk!“ —
Das tägliche Leben in den Räumen dex Oberhofmeiſterin machte ein warmer Hauch von hausmütterlicher Gemüthlich= keit und heitereni Wohlwollen ganz beſonders anziehend und unwillkürlich drängte ſih Alles an ſie heran, vereinigte ſich